Was sind Lesson Studies?

Lehrerinnen und Lehrer lernen von- und miteinander, um ihren Unterricht zu optimieren – das ist die Grundidee der Lesson Studies, einem Modell zur Lehrerfort-und Weiterbildung, das weltweit immer mehr Bedeutung erlangt. Es handelt sich dabei um ein Konzept zur Professionalisierung von Lehrkräften, das als Ziel die Verbesserung von Unterricht und wirksameres Lernen auf Seiten der Schüler/innen hat. Der Fokus liegt dabei darauf, möglichst optimale Lerngelegenheiten für alle Schüler/innen zu schaffen.

Die Lesson Studies stammen ursprünglich aus Japan und haben sich zunächst in Asien, vor allem in Japan und China, als Mittel zur Unterrichtsentwicklung entwickelt. Dort gibt es auch schon eine Reihe von Studien, die beweisen, wie wirksam und nachhaltig dieses Konzept zur Verbesserung von Unterricht ist. Aufgrund des offensichtlichen Erfolges der Lesson Studies werden nun weltweit immer mehr dieser professionellen Lerngemeinschaften implementiert und sowohl in der Lehrerausbildung, in der Induktionsphase als auch in der Lehrerfort- und Weiterbildung eingesetzt.

Wie ist nun der Ablauf so einer Lesson Study? Das Grundkonzept der Lesson Studies besteht darin, dass eine Gruppe von Fachkolleg/innen an einem Schulstandort gemeinsam mit einem Experten/einer Expertin eine Unterrichtseinheit ("Forschungsstunde") plant. Ausgangspunkt einer solchen "Forschungsstunde" ist immer ein Lernobjekt, also ein Thema oder Lerninhalt. Dieses Lernobjekt soll relevant für die Schüler/innen sein, also einen Bezug zur realen Lebenswelt der Schüler/innen haben. Nur wenn diese Relevanzstruktur gegeben ist, kann wirksames Lernen stattfinden. Sobald das Lehrerteam festgelegt hat, WAS in der Forschungsstunde unterrichtet werden soll, wird über das WIE nachgedacht. Dabei können alle aktuellen Methoden wie zum Beispiel forschendes Lernen, handlungs- oder kompetenzorientiertes Lernen, offenes Lernen etc. zur Anwendung kommen. Das wesentliche Ziel ist, optimale Lerngelegenheiten für alle Schüler/innen zu schaffen. Im nächsten Schritt wird die Unterrichtsstunde durchgeführt, das heißt, ein Lehrer oder eine Lehrerin unterrichtet und die Kolleg/innen aus dem Lehrerteam beobachten. Sie beobachten nun nicht den oder die Lehrer/in, sondern die Schüler/innen. Nach dieser „Forschungsstunde“ wird der Unterricht dann im Team analysiert und reflektiert. Man überlegt gemeinsam, was gut funktioniert hat und was noch verbessert werden könnte. Dabei können auch Schülerinterviews helfen, durch die die Lehrer/innen Feedback zu ihrem Unterricht bekommen und Schwierigkeiten oder Probleme identifizieren können. Dann werden die so gewonnenen Erkenntnisse genutzt, um in einem zweiten oder auch dritten Zyklus dieser Unterrichtseinheit den Unterricht zu verbessern.

In Hong Kong wurden diese Lesson Studies von der Erziehungswissenschaftlerin Mun Ling Lo und ihren Kolleg/innen gemeinsam mit dem Göteborger Professor Ferenz Marton zu den Learning Studies weiter entwickelt. Diese laufen ebenso ab wie die Lesson Studies, aber zusätzlich wird vor Beginn das Vorwissen der Schüler/innen erhoben, um noch mehr auf die unterschiedlichen Denkweisen der Schüler/innen eingehen zu können. In einem Nachtest wird dann überprüft, wieviel die Schüler/innen dazugelernt haben, bzw. ob es Schüler/innen gibt, die keinen Leistungszuwachs zu verzeichnen haben. Durch Schülerinterviews können die Ursachen für Lernschwierigkeiten noch genauer eruiert werden. Ein weiteres Kennzeichen der Learning Studies ist die Variationstheorie, die besagt, dass die Unterrichtsbeispiele für ein Lernobjekt variiert werden sollen, weil die Schüler/innen Konzepte besser begreifen können, wenn sie nicht immer nur die gleichen Strukturen üben.

In Österreich werden die Lesson Studies bzw. Learning Studies schon in einigen Bundesländern erfolgreich umgesetzt. An der Pädagogischen Hochschule Kärnten läuft eine Modulreihe (TUES – mit Lesson Studies zu teamorientierter Unterrichtsentwicklung am Schulstandort), in dem Personen ausgebildet werden, die Lesson Studies an Schulen begleiten und in weiterer Folge auch als Multiplikator/innen fungieren können. Die Lesson Studies sind auch im Konzept der pädagogisch-praktischen Studien der neuen Lehrpläne für die Lehrerausbildung verankert.